Dienstag, 8. Dezember 2009

Nanjing!

Am Samstag habe ich mit meinen beiden Cazzone Julia und Feide einen kleinen Ausflug nach Nanjing ("südliche Hauptstadt") unternommen. Glücklichweise gibt es aus Hefei einen Schnellzug, mit dem man innerhalb einer Stunde ankommt - dabei gibt es dann direkt bei Nanjing noch die Überquerung des Jiangtse (eigentlich: Changjiang) zu bewundern, wovon ich leider kein gutes Foto schiessen konnte. Man merkt direkt, dass man in einer anderen Stadt und in einer anderen Provinz ist, auch wenn Nanjing vielleicht nicht eine superentwickelte Metropole ist. Immerhin, es gibt einiges mehr zu sehen als in der Heimat, z.B. ein Starbucks, das Mausoleum des Revolutionsführers Sun Yatsen, eine Stadtmauer, Paläste und Tempel. Wir waren nur für einen Tag da und haben uns deshalb natürlich etwas kurz gefasst.. Nanjing war, soweit ich weiss, zweimal die Hauptstadt Chinas: Zu Beginn der Mingdynastie, nachdem die Mongolen aus China vertrieben wurden (dem Sohn des ersten Mingkaisers gefiel Nanjing aber nicht, weshalb er die Hauptstadt wieder nach Beijing verlegt hat); und während der chinesischen Republik ab 1911. Das ist auch ein Grund dafür, dass die Japaner bei der Eroberung Chinas ziemlich scharf darauf waren, Nanjing einzunehmen und sich Untertan zu machen; und dabei wiederum gingen sie nicht grad mit Fingerspitzengefühl vor, sondern haben die Zivilbevölkerung reichlich grausam massakriert.
Ein Museum in Nanjing dokumentiert das Geschehen mit Fotos, Texten und Videos und verlangt einem dabei einen guten Magen ab. Bei dem ganzen ist natürlich etwas Vorsicht angebracht: Ein dämonisierter Feind (hier: Japaner) haben noch keiner Regierung geschadet. Ist es richtig, ein schlimmes Verbrechen anzuklagen? Natürlich! Aber die Darstellung ruft doch einen ziemlich starken die-gegen-uns Effekt hervor - so wird in jeder Bildunterschrift wiederholt: Das Massaker duch japanische Invasoren. Das ist auch sicher nicht Zufall - ein Text am Museumsausgang zitiert den chinesischen Ex-Präsidenten Jiang Zemin:
"This is a good place to carry out patriotic education. We must never forget the patriotic education of the young, and this tragic history must also never be forgotten."
Aber vielleicht seh ich das auch einfach etwas zu stark durch die Brille eines Deutschen, der es gewohnt ist, seine eigene Geschichte zu kritisieren - während das moderne Deutschland seine Legitimation teils durch die Kritik von Nazideutschland erhält, liegen zumindest die Wurzeln der Legitimation der VRCh im Kampf gegen die Japaner.
Der Besuch war natürlich ziemlich bedrückend - die Japaner haben Nanjing erobert und danach innerhalb von sechs Wochen 300.000 Chinesen ermordet, inklusive Folter und Vergewaltigung. Für die Japaner waren die Chinesen damals nicht viel mehr als Tiere, und die Generäle wollten systematisch den Widerstandswillen in der Bevölkerung brechen. Die Hälfte der Toten stammt aus Erschießungskommandos, in andere Hälfte wurde spontan ermordet.. Wir mussten uns danach etwas Erholung mit einem kleinen Spaziergang entlang der Stadtmauer und des südlichen Kanals um die Stadtmauer (Foto siehe oben) gönnen. Irgendwann haben wir uns auf dem Weg zum Purpurberg im Osten der Stadt verlaufen und konnten nur noch einen Bus zum Mausoleum von Sun Yat-sen nehmen; der Eintritt war dann aber so unverschämt hoch (140 Yuan), dass wir statt dessen eine kleine Tour mit dem öffentlichen Nahverkehr um den Purpurberg gemacht haben. Immerhin, entgegen Julias und meinen Befürchtungen ist uns Feide während des Trips nicht abhanden gekommen (er ist etwas .. unorganisiert). Am Ende hatten wir nicht mehr viel Zeit hatten und konnten nur noch schnell in den Foreign Languages Bookstore (gibts in Hefei nicht) und was Essen. Ah, und ein Bier für die Rückfahrt kaufen.

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