Dienstag, 29. Dezember 2009

Likai Zhongguo..


29.12., 19:00

Ich sitze gerade im Zug nach Shanghai, von wo es morgen dann nach Deutschland geht. Der Abschied von der Anhui University war noch nett – wir hatten heute die Neujahrsfeier mit jeder Menge Aufführungen. Meine Klasse hat sich um ein Theaterstück bemüht, „Aschenputtel und die drei Zwerge im Wald“, was ich verfasst, also von den Brüdern Grimm kopiert und in Chinesisch umgeschrieben habe. Versteht sich also von selber, dass das ganz fantastisch war! Die drei weiblichen Hauptrollen (Aschenputtel, Stiefmutter, Stiefschwester) konnten zwar nur zu 1/3 weiblich besetzt werden, wodurch die holde Weiblichkeit von Aschenputtel (von unserer zierlichen Indonesierin Daisha besetzt) gegenüber der verhärmten Verwandschaft (Koreaner Jin Minho als Stiefschwester, Amerikaner Jesse als Stiefmutter) aber noch unterstrichen wurde. Ich hatte die Ehre, den Zwerg „Zhang San“ (Zhang Nummer 3) zu spielen.. Tja, und das war dann ein netter Abschied. Die anderen Klassen haben vor allem gesungen, z.B. gab es „Yueliang daibiao wo de xin“ (Der Mond repräsentiert mein Herz) von einer Vietnamesin und einem Kameruner zu hören. Reichlich bescheuert war dagegen der Auftritt von unseren Lehrern, die eine vulgärpatriotische Nummer abgezogen, ein Lied mit der Hookline „Ich liebe meine Familie, ich liebe mein Land, ich liebe meine Nation“ gesungen und am Ende Flaggen der VR geschwenkt haben.

Ich hatte vor zwei Wochen noch einen kleinen Ausflug nach Hangzhou gemacht und mich mit Jonas, den ich auf dem Stipendiatentreffen in Beijing kennengelernt habe, getroffen. Die Stadt hat eins dieser kongenialen Fahrradleihsysteme (wie es sie auch in z.B. Barcelona geben soll), wo man an Fahrradständen, die über die ganze Stadt verteilt und an jeder Ecke zu finden sind, mit einer ID-karte ein Fahrrad ausleihen kann und es dann später woanders wieder abgeben kann. Und das ganze ziemlich günstig, wir hatten drei Tage lang jeden Tag circa fünf Stunden Fahrräder ausgeliehen und am Ende nur 1,60€ bezahlt! Speziell für China eine super Idee, um dem unglaublichen Verkehr entgegen zu wirken. Und ich habe mal wieder gemerkt, wie spaßig Radeln in China ist, aber auch etwas gefährlich (weil man versucht ist, sich dem Verkehrsverhalten der Chinesen anzupassen, also ohne Rücksicht quer durchs Beet zu dreschen).. ich hatte nur damals in Chengdu ein Rad, in Hefei hab ich kein passendes gefunden. Das ist natürlich nicht das einzig gute an Hangzhou. Das Zentrum der Stadt liegt direkt am Westsee, der einigermaßen groß ist und rundum von – surprise! - grün umgeben ist. Weil das in chinesischen Städten eine gewisse Rarität darstellt, ist Hangzhou ein beliebtes Reiseziel und auch im Winter voll von Touristen – man kann aber vom See aus in Richtung südwesten radeln, wo es jede Menge Berge mit malerischen Wäldern und buddhistischen Tempeln zu sehen gibt. Der Stadtteil im Osten vom See ist ziemlich schickimicki und teuer, mit Designermode-Boutiquen und teuren Cafés. Anders als in Hefei haben wir auch gute Ausgehmöglichkeiten gefunden, z.B. ein Jazzcafé und eine Reggaebar. Und am Sonntag hätte es ein Punkkonzert geben sollen, was aber merkwürdigerweise schon um 15:00 anfing und, als wir ankamen, lange zu Ende war.

Zuletzt noch eine Warnung: Auch wenn ihr Nerven wie Drahtseile habt, nehmt euch in Acht vor der schrecklichen Geisterbahn im Vergnügungspark von Hefei! Für 10 Yuan erlebt man unvergessbares Grauen. Der Autor dieser Zeilen wurde von saditsischen Chinesen dort hingeschleppt, seitdem haben ihn die dämonischen Bilder nicht verlassen. Zurück in der alten Heimat muss ich wohl in eine Heilanstalt einweisen lassen. Soweit ich weiß hat Malte eine gute in petto?

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