Mittwoch, 21. Oktober 2009

Gelber Berg

Am vergangenen Wochenende haben wir einen kleinen Ausflug zum Huangshan-Berg (aufmerksame Sinologen entdecken die Dopplung) unternommen, wovon ich nun berichten will. Zur Einführung ist deshalb das Zitat eines Schilds am Eingang des Bergs angemessen, auch für Moritz, dem gegenüber ich vorher geprotzt hatte, es würde sich um Karstgestein handeln...

„Huangshan is the Global Geopark and the mixed Cultural and Natural Heritage Park of UNESCO. It covers an area of 154km², with an elevation ranging from 500m to 1864m. Huangshan Global Geopark is characterized by Mesozoic granite peak forest landform. Huangshan Granite was formed during the Yanshanian Orogeny from the late Jurassic to the Early Cretaceous Period (about 131-123 million years ago) and was lifted during the Himalayan Orogeny. The four-phased Huangshan Granite Body (about 15km in diameter) founds a base of extremely beautiful granite peak forest, and the height difference is more than 1000m.

The peaks in the Geopark are various in shapes, such as the conic, ridge-shaped, dome-shaped, columnar, and box-shaped peaks, with numerous grotesque stones, caves, glacial landforms, hydrogeological landforms, as well as abundant plant and animal resources. All these resources constitute a large natural granite museum. The rich and colorful geological landscapes in the Geopark provide an excellent base for scientific study, enjoyment and tourism.“[sic!]


Viel interessanter war aber das eher praktische Hinweisschild, an dem wir unser grundlegendes Verhalten ausrichten konnten. V.a. Paragraph 1 und 3 haben doch einen starken Eindruck auf uns gemacht. „Uns“ oder wir waren übrigens Ich (der Beste nennt sich selbst zuerst), Ansu, Paulina und Marko.


Wie an jedem bekannten chinesischen Berg führt auch hier der Weg nach oben über Stufen, Stufen, Stufen, was Marko und ich ohne weibliche Begleitung in etwa sechs Stunden bewältigen konnten. Wir mussten schnell – schon beim Erklimmen, am Tag nachdem wir am Fuss des Bergs angekommen sind – erkennen, dass der Huangshan offenbar seinen Ruf als must-go weg hat und chinesische Touristen anzieht wie wie eine Erdbeertorte die Bienen (um eine Insektenanalogie kam ich hier leider nicht umher). Beim Aufsteig gings noch so einigermaßen, aber spätestens als wir da waren, wo auch diejenigen, die lieber mit der Gondel gefahren sind als selbst zu laufen, ankamen, mussten wir merken dass das bevölkerungsreichste Land der Welt seinen Tribut zollt. Horden über Horden von vermutlich naturgeilen Städtern mit gruppenmäßig eingefärbten Hüten und die dazugehörigen Tourguides, die sich mit Mikrofonanlagen Gehör verschaffen konnten; also eine aggressionsbeflügelnde Umgebung, die den Genuß der wunderbaren Berggipfel nicht unwesentlich erschwerte.

Man musste übrigens nicht einmal mit dem Lift fahren, um sich den Ruf eines faulen Hunds zu erwerben: Der Mann von Welt konnte sich am Fuss des Bergs für umgerechnet 10 Euro Träger ersteigern, die einen daraufhin in einem Rattansessel nach oben hieften.



Die Landschaft war aber wirklich so toll, dass ich das ganze Brimborium (ansatzweise) verstehen konnte. Der Berg hat mehrere Gipfel, zwischen denen jeweils beträchtliche Höhenunterschiede liegen – die auf und ab-Landschaft hat es echt in sich. Das war wieder einer der Orte, wo man erkennen konnte warum in chinesischer Malerei immer aberwitzige Schluchten mit vereinzelten, fast in den Abgrund fallenden Bäumen gezeigt werden. Und weils gar nicht so hoch ist (wie oben geschrieben 1860m) gab es auch ganz oben noch tolle Laubwälder, durch die jeweils Wanderwege führten.. Merkwürdigerweise waren die jeweils mit „海"(hai), Meer“, bezeichnet, z.B. westliches Meer, nördliches Meer. Dazu kam noch, dass der Herbst und die verfärbten Blätter das ganze perfekt zur Geltung brachten.


Marko wollte unbedingt den Sonnenaufgang vom Berg aus sehen, weshalb wir in einem Gästehaus oben auf dem Berg übernachtet haben. Das war ungefähr das schlimmste, was ich bisher in China hatte: Dreckige Betten, kleine, nicht isolierte Zimmer, abscheulich stinkende Toiletten. Als Fuchs, der ich bekanntlich bin, hatte ich natürlich eine Packung baldriankapseln und Ohrstöpsel dabei, was mir einen sanften Schlummer verschafft hat. Natürlich gab es beim Sonnenaufgang wiederum Massen von Touristen. Ich stand also in einer Meute von Chinesen, die ununterbrochen ihre Digitalkameras nach oben hielten um den feurigen Himmelswagen auf Zelluloid zu bannen, obwohl der Anblick gar so spektakulär nicht war. Aber egal, einmal musste man wohl dabei sein. Danach haben wir uns an den Abstieg gemacht, diesmal auf der einfacheren Seite; trotzdem konnte Paulina (eine indonesische Kommilitonin) ziemlich rasch nicht mehr, was dem Rest von uns eine gute Ausrede gegeben hat, im Schneckentempo nach unten zu machen.


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Weil wir schon mal im Süden der Anhui-Provinz und damit circa fünf Stunden von Hefei weg waren, haben wir noch ein anderes Ziel angesteuert: Yuliang, ein historischer Teil eines etwas größeren Dorfs, die viel von der alten „Huizhou“-Architektur zeigt. Das waren vor allem hohe Häuser, deren Erdgeschoss weiß verkalkt ist, während die Geschosse darüber meist aus Holz und naturbelassen sind, während das Dach zurückhaltende, aus Stein gemeißelte Verzierungen zeigt. Wir haben uns hier erstmal vom Huangshan in einer guten, günstigen Unterkunft mit heißem fließenden Wasser (yeah!) erholt und das noch einigermaßen erhalten gebliebene Leben in den kleinen Gassen erkundet.


Noch etwas interessanter war ein anderes Dorf – Chengkun – in das wir im Tag darauf gegangen sind. Das Dorf wurde in der Mingdynaste (also etwa ab 1400, genau hab ich das nicht im Kopf) angelegt und ist in einer Hektagrammform um einen Flusslauf, der den Mittelteil eines Yinyangsymbols darstellt, gruppiert. Das Hektagramm ist deshalb wichtig, weil das chinesische Wort für acht - 八(ba) – ähnlich wie „reich werden“ ausgesprochen wird.

Besonders .. merkwürdig? Bescheuert? Beachtenswert? an dem ganzen war, dass das Regenwasser, das in den Innenhof jedes einzelnen Hauses läuft, durch Kanäle in einen gemeinsamen Teich am Eingang des Dorfes geleitet wird. Der Guide, den wir dort angeheuert haben, erklärte uns, dass das Wasser den Reichtum des Dorfes verkörpern soll, von dem natürlich ja nichts verloren gehen darf.



Montag, 12. Oktober 2009

Shanghai

Shanghai. Oder "Sanghai", wenn man es wie die locals ausspricht und das H weglässt. Sollten dafür dann nicht neue Silben dazukommen? Chinesisch ist so und so eine silbenarme Sprache, man sollte meinen, auf die verbliebenen wird ein wenig aufgepasst.. Naja. Den Shanghaiern schadet es vielleicht nicht, Shnghai ist die am weitesten entwickelte Stadt in China (höchstens in Konkurrenz mit Guangzhou) und das Zentrum der internationalen Investitionen ins Reich der Mitte..

Ich hab hier meinen Kommilitonen Jan, der den Nachnamen mit mir teilt (weshalb es in einigen Seminaren schonmal zu Verwirrung kam), besucht und drei schöne Tage ausserhalb von Hefei verbracht. Es ist zwar nicht die feine englische Art, andauernd über dies und jenes abzulästern, aber es war schon etwas deprimierend nach Hefei zurückzukommen. Allein schon, dass nicht annöhernd so viel auf die Straße gerotzt wurde wie in Hefei war mir sehr willkommen! Folgend ein paar Fotos:



Blick aus dem Apartment von Jan - das kommt auf dem Foto leider nicht so gut rüber, der Ausblick war echt unglaublich, vor allem am Morgen, als man lauter Chinesen auf den Straßen rumwuseln sah.




Die Häuser sind zwar größer und schicker als in Hefei, aber dafür gibts auch mehr Stau ;)




An aufsehenserregenden Konstruktionen gibt es in Shanghai allerdings so einiges. Vom Oriental Pearl Tower zum World "Flaschenöffner" Financial Center, wobei Beijing dagegen natürlich mit dem CCTV Building und dem Aquatics Center (das Vogelnest lasse ich aus Gründen des guten Geschmacks aussen vor) punkten kann. Der Wolkenkratzer hier mit der verbreiterten Spitze hat auf jeden Fall das spezielle etwas (und erinnert an den Turm des Arkanen in Luskan, ähem!)



Kunst oder Touristenfalle? In einem großen Art Center im Süden von Shanghai gabs jede Menge Fotografie, Malerei, Porzellan uvm zu sehen. Allerdings glichen sich die Ausstellungsstücke zwischen den verschiedenen Läden stark, um es mal vorsichtig zu formulieren, und der Scherz mit "Kommunistische Propagandha durch Weltmarken entfremden" wurde etwas überstrapaziert, als nach Coca Cola noch Hugo Boss, Mercedes, Nokia etc folgten.



Die besten Yuxiang-Qiezi (Fischgeruch-Auberginen) so far! In Hefei bekommen sies einfach nicht hin... :(


Ja well, ein unbekannter, respektloser Ausländer (wahlweise Yangguizi, "Ozeanteufel", oder Gaobi, "Langnase", bitte!) neben einem Buddha auf der Nanjinglu, Shnghais Flaniermeile. Ich konnte mir hier endlich Schuhe kaufen, als es in Hefei merkwürdigerweise keine in Größe 46 gab. Mmh..


Mit Grüßen an Herrn Bozdag!