Samstag, 19. September 2009

Hefei

Ich bin seit zwei Wochen in Hefei - man kann also annehmen, dass es an der Zeit ist, ein paar Worte über diesen Ort zu verlieren. Nur: Wo anfangen? Es ist einfach so: Hefei ist nicht besonders. Ich nehme mir mal die Freiheit, den Lonely Planet zu zitieren:

"The provincial capital, Hefei is a pleasant and friendly city with lively markets, attractive lakes and parks but few scenic attractions."

Vielleicht kann mit dem Zitat eines Gesprächs von zwei Kommilitonen die hiesige Atmosphäre klar machen:

Alex: "You know, Hefei is a city of peasants. Twenty years ago, the people here were peasants, and they still are."
Marko: "Yes, they are peasants who think that theyre better than peasants."


Vom dem zur Schau gestelltem abfälligen Charakter gegenüber den Trägern der chinesischen Revolution (deren 60. Geburtstag bald naht) mal abgesehen - Hefei hat wirklich wenig, was einen eigenen Charakter ausmacht. Geschichte? Alte Architektur oder Museen sucht man hier vergebens. Also, das genaue Gegenteil von Beijing. Jedenfalls soweit wie ich nach zwei Wochen hier zu urteilen in der Lage bin. ;-)

Das heisst nicht, dass es mir hier nicht gefällt. Das Leben an der Uni ist entspannt und zum Chinesisch-lernen wirklich gut. An allen Seiten von der Uni gibt es kleine Restaurants, bei denen man sich für wenig Geld den Bauch vollschlagen kann - die Besonderheit der Anhui-Küche liegt anch bisherigen Erfahrungen vor allem in viel, viel Öl und jeder Menge frischem Gemüse. Ich freue mich jedesmal wenn andere Fleischgerichte bestellen und auf einem Berg von gebratenem Gemüse spärliche fünf Fleischstreifen bekommen! :D Um das Nachtleben ist es hier natürlich nicht besonders gut bestellt: Es gibt eine okaye Bar, die Revolutionary (革命者) und ein paar Diskotheken, deren Besuch sich angeblich nicht wirklich lohnt.
Ein absolutes Highlight ist "Golden Hans" (auf chinesisch Jin Hanqi/金汉期), ein auf deutsch gemachtes Restaurant. Das Essen soll schrecklich schmecken, aber man kann für 12 Yuan/1,20€ einen Pitcher frisch gebrautes Bier bestellen - ein Segen! Das bekannte Qingdao-Bier ist zwar ok, auf die dauer aber doch nicht das wahre. Der Golden Hans ist also zumindest für ein leckeres Bierchen vor den reichlichen Partys im Ausländerwohnheim das absolute centre of attention an Wochenenden ;).

Wir China-interessierte Studenten versuchen natürlich (!) auch, möglichst viel von dieser wunderschönen Stadt zu sehen. Ein Ausflug zum Berg im Westen von Hefei am Montag hat eine nette Kletterpartie geboten - und auch das Ausblick am Ende war umwerfend, wie man über die Schulter von Alex sehen kann! Im unendlichen Kreislauf der allumfassenden Natur umspielen sanfte Nebelschwaden die karstigen Gipfel des Gebirges - mit anderen Worten, in fünfzig Meter Entfernung war nichts zu sehen. Hoffentlich wird das beim anvisierten Besuch des Huangshan (gelber Berg) anders!



Gestern, also am Freitag, haben wir uns in den tiefen Osten Hefeis, genannt "Feidong" (Hefei de Dongbian) getraut, das industrielle und etwas zurückgebliebene Stück der Stadt. Immerhin, inzwischen gibt es asphaltierte Strassen - wir gemeinen Elendstouristen konnten uns aber trotzdem an Straßenshop-Zahnarztpraxen, auf der Straße gestapelten Schweinefüssen und einem wirklich unverständlichem Akzent ("Pijiu" (=Bier) wird hier "Psijiu" ausgesprochen) erfreuen.

Bei der nächsten humangeographischen Exkursion in Hefei werde ich natürlich ein Update bieten!

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